Vortrag: Grundwasserneubildungsberechnung mit RUBINFLUX

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Lukas Birkhoff
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Vortrag: Grundwasserneubildungsberechnung mit RUBINFLUX

Beitrag von Lukas Birkhoff »

PROF. DR. HARALD ZEPP
Seniorprofessor
Angewandte Physikalische Geographie
Geographisches Institut
Ruhr-Universität Bochum
44780 Bochum
E-Mail: harald.zepp@rub.de

RUBINFLUX ist eine robuste Methodik, um flächendifferenziert Tageswerte der instationären Grundwasserneubildung zu berechnen. Es ist in die Gewässersystem-Modellierung SPRING integriert. Den Anstoß zu dieser Entwicklung gaben die Arbeiten am Grundwassermodell für das Stadtgebiet der Landeshauptstadt Düsseldorf mit einer Fläche von 217 km². Für das Grundwassermodell bot die naturräumliche und hydrogeologische Situation im Übergang zwischen Bergland (Festgesteinsaquifer) und Flusslandschaft (Porengrundwasserleiter) die besondere Herausforderung. Das Stadtgebiet liegt überwiegend im Verbreitungsgebiet des Porengrundwasserleiters (Niederterrasse des Rheins, 313 km²). Für dieses waren die Erwartungen an die räumlich differenzierte Modellierung der Grundwasserstände und -ströme besonders hoch. Zeitliche Variationen des Grundwasserspiegels in räumlicher Differenzierung zuverlässig abzubilden gelingt nur unter Berücksichtigung aller quantitativ bedeutsamen instationären Prozesse. Zu ihnen gehört die Grundwasserneubildung. Die instationäre Grundwasserneubildung in dem besonders niederschlagsreichen Gebiet des Festgesteinsaquifers (395 km²) wurde so in das Grundwassermodell für den Gesamtraum von 708 km² integriert, dass die Neubildung implizit instationär im Modell berechnet und nicht als a priori-Randbedingung bereitgestellt wird.
Im Vortrag wird die RUBINFLUX-Methodik mit besonderer Betonung der Wechselwirkungen der ungesättigten Zone mit dem Grundwasser und dem Vorfluterabfluss erläutert. Dabei wird erstmals eine Neuentwicklung für den kapillaren Aufstieg vorgestellt.
Die RUBINFLUX-Methodik ist vorzugsweise für die Anwendung in großen Gebieten konzipiert. Deshalb sollte sie einfach zu parametrisieren sein und wenig Rechnerressourcen beanspruchen. Das erforderte eine Abkehr von bodenphysikalischen Modellen, die den Boden in eine große Zahl (z. B. 100) übereinanderliegender Kompartimente zerlegen und für jedes Kompartiment die Wasserentnahme durch Wurzeln und den Wasserfluss in die Tiefe rechnen. In der Regel verwenden diese deterministischen Modelle numerische Lösungen für Differentialgleichungen. Nach sorgfältiger, in der Regel aufwändiger Kalibrierung liefern sie sowohl alle gewünschten Wasserhaushaltsgrößen für den gesamten Boden als auch die bodeninternen Flüsse in hoher Auflösung. Allerdings reagieren sie empfindlich auf ungeeignete Parametrisierungen. RUBINFLUX sollte dagegen die Sickerwasserabgabe robust und realistisch zugleich abbilden. Zu berücksichtigen waren sowohl starke Sickerwasserschübe bei gut durchfeuchteten Böden, etwa über Makroporen, und die nichtlineare Sickerwasserabgabe aus dem Boden. Das allmähliche Auslaufen von Wasserspeichern ist bei Bodenlysimetern und in der Abflusshydrologie seit langem bekannt und wurde auf die Sickerwasserabgabe durch RUBINFLUX übertragen. Das in RUBINFLUX gewählte Konzept steht im Gegensatz zu vereinfachenden Annahmen, dass Sickerwasser erst auftritt, wenn die Feldkapazität des Bodens überschritten ist und ebenso abrupt endet, sobald die Bodenfeuchte unter die kritische Marke der Feldkapazität abnimmt.
RUBINFLUX kombiniert bewährte Berechnungsroutinen für die Interzeption, die potentielle und die aktuelle Evapotranspiration mit einer e-Funktion für die Sickerwasserabgabe aus dem wasserungesättigten Boden. Die steuernde Variable ist hierbei die zeitvariante Differenz zwischen der aktuellen und der Bodenwasserspeicherung bei Feldkapazität. Dies ist die eigentliche, die neuartige RUBINFLUXFunktion. Die RUBINFLUX-Methodik würde an Sand- und Löss-Lysimetern geprüft. Im Grundwassermo-dell SPRING für Düsseldorf wurden die berechneten Grundwasserneubildungswerte als Randbedingung 2. Art an der Oberfläche eines jeden Netzelements angesetzt. Die Interaktion mit 32 Gewässersyste-men mit einer Gesamtlänge von 2800 km wurde instationär mit einer bilanzierenden Randbedingung berücksichtigt. Nach instationärer Kalibrierung anhand von 871 ausgewählten Grundwassermessstellen über 6 Jahre war es möglich, die zeitliche Variation der Grundwasserstände auch an Beobachtungspunkten zufriedenstellend zu modellieren, die von Rhein- und Ruhrwasserständen weitgehend unbeein-flusst sind. In der Implementierung in das Softwarepaket SPRING hat sich RUBINFLUX als geeignet er-wiesen, komplexe Hydro-Systeme abzubilden.
Eine Weiterentwicklung von RUBINFLUX beinhaltet eine Lösung für den kapillaren Aufstieg an grundwassernahen Standorten. Der kapillare Aufstieg hängt ab von der Textur des Bodens, von seinem Sättigungsgrad und vom Abstand zwischen dem Bilanzraum ‚Boden‘ und der Grundwasseroberfläche. Im Unterschied zu konstant angenommenen Grundwasserflurabständen betrachtet RUBINFLUX die Wech-selwirkung zwischen dem Bilanzraum Boden‘ und dem Grundwasser dynamisch. In Tagesschritten steigt das Niveau der Grundwasseroberfläche bei Grundwasserneubildung, und es sinkt durch kapillaren Aufstieg. In SPRING werden zukünftig die erweiterten RUBINFLUX-Bilanzen instationär und implizit mit den lateralen rundwasserzu- und abflüsse gerechnet, um so ein noch realistischeres Gesamtbild des Landschaftswasserhaushalts von Standorten und Regionen zu ermöglichen.

Literatur
Zepp, H., König, C., Kranl. J., Becker, M. Werth, B. & Rathje, M. (2017): Implizite Berechnung der Grundwasserneubildung (RUBINFLUX) im instationären Grundwasserströmungsmodell SPRING. Eine neue Methodik für regionale, räumlich hochaufgelöste Anwendungen. – Grundwasser 22: 113-126. DOI: 10.1007/s00767-017-0354-3

ZEPP_SPRING-Tagung 6_7-10-2022.pdf
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